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Impact-Immobilienfonds sind noch dünn gesät

Das Icon für einen IntReal Gastbeitrag

29. Sep 2023

Ein Beitrag aus dem Jahrbuch „Impact Investing“ mit Hannah Dellemann, Teamleiterin Environmental, Social, Governance der INTREAL und Michael Schneider, Geschäftsführer der INTREAL

Derzeit gibt es eine Hand voll Impact-Fonds am Markt. Sie sind ausschließlich institutionellen Investoren vorbehalten. Die Anforderungen an diese höchste ESG-Fondskategorie sind hoch. Wie sehen die Fondskonzepte aus und worin unterscheiden sie sich von klassischen Immobilienfonds? Und warum gibt es nicht mehr Impact-Fonds?

Das Thema ESG ist derzeit aus keiner Diskussion und keiner Veranstaltung der Immobilien-branche wegzudenken. Die Zinswende und eventuell drohende Wertkorrekturen verstärken den Trend sogar noch. ESG-Konformität scheint in diesem Umfeld eines der wichtigsten Kriterien für die zukünftige Wertstabilität einer Immobilie zu sein. Mit anderen Worten: Im Rendite- und Risikoprofil etabliert sich ESG als ein zusätzlicher, zentraler Parameter bei Immobilieninvestments. Innerhalb des ESG-Universums hat sich sehr früh das Impact-Investing als Königsdisziplin und höchste Kategorie der Nachhaltigkeit herauskristallisiert.

Was ist Impact-Investing? Umgangssprachlich ausgedrückt handelt es sich dabei um Invest-ments, deren Hauptziel es ist, mehr Nachhaltigkeit zu schaffen – beispielsweise indem alte Objekte mit hohem Energieverbrauch renoviert und zu energieeffizienten Immobilien transformiert werden. Grundsätzlich gilt, dass ein Impact-Fonds beziehungsweise ein Artikel-9-Fonds einen positiven Beitrag zu einem Umwelt- oder einem sozialen Ziel leisten soll. Dabei dürfen keine anderen Nachhaltigkeitsziele negativ beeinflusst werden. Es gibt also viel Raum für eigene Ansätze, die regulatorischen Vorgaben umzusetzen.

Während die Offenlegungsverordnung die Transparenz regelt, macht die Taxonomie-verordnung konkrete Vorgaben für die Immobilien – beispielsweise, dass eine Immobilie nur dann taxonomiekonform ist, wenn sie in Sachen Energieeffizienz zu den besten 15 Prozent innerhalb ihrer Peergroup gehört.

Allerdings ist die Taxonomie immer noch im Fluss. Bis Ende 2022 galt sie nur für die ersten beiden von insgesamt sechs Nachhaltigkeitszielen – für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. Seit 1. Januar 2023 sind vier weitere Ziele hinzugekommen – nämlich Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Kontrolle der Umweltverschmut-zung, Schutz der Wasser und Meeresressourcen sowie Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.

Außerdem ist die Taxonomie nur eine Kann-Vorgabe. Fondsanbieter können sich auch in Eigenregie Nachhaltigkeitsziele setzen – solange diese objektiv, messbar und nachprüfbar sind. In der Praxis orientieren sich die meisten Fonds mit einem Umwelt-Ziel allerdings an der Taxonomie. Die gesetzten Kriterien müssen im Rahmen der notwendigen Vertriebs-genehmigung von der BaFin geprüft und zugelassen werden. Die Anzahl der als Artikel-9 klassifizierten und zum Vertrieb zugelassenen offenen Immobilienfonds nach deutschem Recht lässt sich aktuell an zwei Händen abzählen. Die bislang aufgelegten Fonds sind jedoch institutionellen Investoren vorbehalten. Für Privatanleger gibt es derzeit noch keine Impact-Fonds

Die bereits bekannten Fondskonzepte zeigen, dass sich Impact-Fonds – vor allem wenn der Fokus auf den ökologischen Kriterien liegt – von vielen bisherigen klassischen Immobilien-fonds mit Buy-and-hold-Strategien unterscheiden, da die Immobilien in der Regel signifikant optimiert werden und somit ein aktives Immobilienmanagement als Kernkompetenz des Managers in den Vordergrund rückt.

Einige Beispiele sollen den anderen Ansatz von Impact-Fonds verdeutlichen: Ein Logistikfonds etwa kauft Bestands-immobilien an und saniert diese so, dass der Energiebedarf um 30 Prozent fällt. Die durchgeführten Modernisierungen müssen von zugelassenen Energieberatern abgenommen werden. Parallel dazu werden Erneuerbare Energien-Anlagen an der Immobilie installiert. Bei Logistikhallen sind dies Photovoltaik und Solar-Luft-Kollektoren. Das Ziel: Der CO2-Ausstoß der Immobilie soll rechnerisch null betragen. In der Praxis wird die vor Ort erzeugte Energie mit verbrauchter Energie verrechnet.

Ein anderes Beispiel aus dem Bürosegment: Ein Fonds kauft eine Immobilie aus den 1950er Jahren an, renoviert diese umfassend und ergänzt sie durch Neubauten in Holzbauweise. Die Energie wird über Geothermie und Photovoltaik vor Ort gewonnen. Nach Umsetzung der Maßnahmen kann auch diese Immobilie klimaneutral betrieben werden.

Werden wir in Kürze mehr Impact-Fonds sehen? Die Erfahrungen aus den bislang aufgelegten Fonds zeigen, dass die Hürden hoch sind. Für einen Fondsanbieter ist ein Impact-Fonds mit hohem Aufwand verbunden. Auch ist dafür oft mehr Projekt-entwicklungs-Know-how notwendig. Erschwerend kommen derzeit drei Faktoren hinzu:

Erstens hat die Zinswende mit den gestiegenen Fremdkapitalkosten die Auflage von Immobilienfonds generell deutlich erschwert. Zweitens sind die allgemeinen Baukosten unverändert hoch und würden bei einer verstärkten Nachfrage für die für ESG-Maßnahmen relevanten Baukomponenten eher weiter steigen. Drittens sind vor allem institutionelle Anleger – trotz dem wachsenden Bedarf ESG-konformer Anlagemöglichkeiten – sehr zurückhaltend bei der Zeichnung neuer und lang-fristig orientierter Immobilienfonds.

Ein weiterer Grund für die abwartende Haltung sowohl von Investoren als auch von Fondsanbietern bei der Umstellung oder Neukonzeption von Immobilienfonds ist die Tatsache, dass die Gesetzgebung noch nicht abgeschlossen ist. Die ohnehin komplexe Regulatorik im Bereich ESG verändert sich kontinuierlich weiter. Beispielsweise sind zum 1. Januar 2023 die schon genannten Nachhaltigkeitsziele zur Taxonomie hinzugekommen, ebenso wie die Level 2 der Offenlegungsverord-nung. Die bestehenden Fonds müssen sich laufend an den neuen regulatorischen Stand anpassen.

Fazit: Trotz dieser vielen „Aber“ sind wir überzeugt, dass Impact-Investing mittelfristig stärkere Verbreitung finden wird und einer der großen Trends der 20er Jahre sein wird. Die Fonds werden von den Anlegern gewünscht werden und allgemein gilt ESG immer mehr als Garant für den Werterhalt einer Immobilie. Vielleicht muss es nicht sofort ein Artikel-9-Fonds sein. Auch ein als Artikel-8 klassifizierter Fonds gilt als ESG-konformes Anlageprodukt. Hier sind die Anforderungen etwas geringer. Vieles ist aber bereits jetzt schon sicher umsetzbar und die Fonds sind in höherer Anzahl sowohl für institutionelle wie private Anleger verfügbar.

Das Jahrbuch Impact Investing finden Sie hier.